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Digtale Verrechnung, Raum, Zeitirritation  
   
   

Die Freilegung des Ortes durch Wissensarchäologie

Jede räumliche Arbeit wird entlang der örtlichen Gegebenheiten entwickelt. Zum Ort des Gebäudes, der Siedlung, der Stadt und des Landschafts-raums wird durch ein Sammeln von Daten ein Archiv generiert. Der künstlerische Akt besteht darin, aus diesem Speicher eine spezifische Thematik zu extrahieren, die den Ort einerseits prägt, andererseits aber verschollen ist und zunächst freigelegt werden muss. Die Freilegung erfolgt regelmässig als eine geschichtliche Kontextualisierung. Die aufgerufene Thematik bestimmt den motivischen Zusammenhang des Bildes für den Ausstellungsort.

Recherche und Archiv als Mittel zur Findung verschollener Strukturen

Zur Findung eines spezifischen Ortsbezugs werden Daten, Texte und Bilder gesammelt und in einem digitalen Archiv geordnet abgelagert. Mittels eigener Erörterungen und Ideen werden die vereinzelten Daten in Zusammenhang gebracht. Oft werden für die Findung eigener Quellen und für die Erstellung von Bildmaterial Recherchereisen zu den relevanten Orten unternommen. Aus dem Bildmaterial des Archivs wird entlang der eruierten Thematik das Bild für den Ausstellungsort gebaut. Jedes Ausstellungsbild ist vollständig rückführbar auf alle seine einzelnen Quellen aus dem Archiv.

Mögliche und unmögliche Zeitirritationen als Forschungsansatz

Untersucht wird, wie sich Zeit in Kunst einschreiben kann. Dazu werden historische Artefakte analysiert, in die sich bereits ein Zeitverlauf eingetragen hat. Die experimentelle Anordnung besteht darin, in gegenwärtige, künstlerische Artefakte verschiedene Zeitverweise einzutragen. Vorzugsweise sollen diese Zeiteintragungen auf verschiedene, sich widersprechende Zeiten verweisen. Damit sind einerseits Eintragungen historischer, andererseits aber auch hypothetisch-zukünftiger Zeiten gemeint. Die Eintragungen finden auf materieller und ikonographischer Ebene statt. Ziel ist es eine Zeitirritation zu erzeugen, die das Werk in seiner Zeitlichkeit kritisch befragt. Gegenwärtige künstlerische Artefakte werden in der eigenen Produktion erst als Werke verstanden, wenn sich darin Zeit ablagern konnte, die das Artefakt kontextualisiert. Gleichzeitig impliziert das Verfahren, dass auch diese Werke nicht abgeschlossen sind, sondern zeitlich weiter bearbeitet werden, jenseits der eigenen künstlerischen Einflussnahme.

Die Aktivierung digitaler Verrechnungen für die Bildarbeit

Die einzelnen Bilder aus dem Archiv werden einer digitalen Stauchung unterzogen. Der Rechner wird als Simulationsmaschine verstanden. Um Simulationen zu enttarnen werden Funktionsweisen des Computers dysfunktionalisiert. In Grafikprogrammen wird die digitale Maschine durch Überstrapazierung zur algorithmischen Fehlfunktion getrieben. So wird die Differenz aus Simulierendem und Simuliertem provoziert. Im absturznahen Bereich des Rechners werden die visuellen Ergebnisse von algorithmischen Verrechnungen gesammelt. Dieses visuelle Material aus Rechenfehlern wird am Computer collagiert und ausgedruckt, um dann mit manueller Malerei kontrastiert zu werden.

Eine selbstentwickelte Transfertechnik zur Materialisierung des Digitalen

Mit der Entwicklung eines eigenen Transferverfahrens ist es gelungen, Inkjetfarbe vom Ausdruck direkt auf einen Träger zu übertragen. Dadurch sind neue maltechnische Möglichkeiten eröffnet. Der Träger wird zuerst manuell bemalt. Erst anschliessend erfolgt der Transfer, durch den der Ausdruck per Abklatsch (ähnlich wie bei einem Kindertatoo) auf den bemalten Träger übertragen wird. Aufgrund des durchsichtigen Farbauftrags der digitalen Schichten des Transfers addieren sich die Farbwirkungen der manuell aufgetragenen Farbe und des Transfers ähnlich wie in der Tradition einer lasierenden Malerei. Durch den Transfer wird eine maschinell-digitale Schicht auf eine manuell-analoge Schicht gemalt. Die Technik des Transfers ist nicht perfekt. Die vielen Ausbrüche und Übertragungsfehler geben der Oberfläche den Eindruck einer sofortigen Patina. Diese ist in ihrer Intensität steuerbar und wird als solche Teil des Bildes.